Dienstag, 21. April 2015

Besuch aus der Ferne

Heute gibt es mal wieder einen kleinen (oder etwas größeren;D) Reise- und Erlebnisbericht von mir. Über Ostern war nämlich meine Familie zu Besuch und ich bekam mal wieder die Gelegenheit, ein bisschen mehr dieses wunderschönen Landes zu entdecken.
Die ersten paar Tage verbrachten wir am Lago de Atitlán, über den ich ja schon ausführlich berichtet habe. Deshalb an dieser Stelle nur ein paar Bilder.

 













 


In den letzten Jahren stieg
der Wasserspiegel immer weiter...










Ostern, in Guatemala „Semana Santa“ (Heilige Woche) genannt, verbrachten wir in Antigua, was auch für michaußergewöhnlich war, obwohl ich dieses Städtchen – etwas übertrieben gesagt – schon in- und auswendig kenne. In dieser Zeit tritt hier nämlich sozusagen der Ausnahmezustand ein, da hunderttausende in – und ausländische Touristen (in diesem Jahr 596 000!) in das 41 000 Einwohnerstädtchen strömen um in dessen kolonialen Ambiente die berühmten Osterprozessionen zu erleben. Schon die gesamte Fastenzeit hindurch gab es davon jeden Sonntag eine, von einer der vielen Kirchen Antiguas und der nahen Umgebung veranstaltet. Dabei zieht eine riesige Menschenmenge musizierend, Weihrauch schwingend und riesige Heiligenfiguren schleppend, bis zu 12 Stunden lang durch die Straßen, die dazu mit wunderschön bunten, vielfältigen „Alfombras“ (Teppichen) aus Sägespänen oder –mehl, Blumen und Blüten, Obst, Gemüse und vielem anderen geschmückt sind. Von Woche zu Woche werden diese Alfombras schöner
und aufwändiger, bis hin zum Finale am Karfreitag, das folglich auch von den meisten Menschen besucht wird. An diesen letzten Tagen vor Ostern ziehen täglich bis zu 5 Prozessionen unterschiedlicher Kirchen los, sodass es fast unmöglich wird, von einem Ort zum anderen zu gelangen, ohne auf dem Weg einer Prozession bzw. der zuschauenden Menschenmasse aufgehalten zu werden.











Es ist aber immer wieder ein beeindruckendes Bild, wenn zuerst als Römer verkleideten Männer, später dann lila bekutteten Träger und festlichen Musiker bei schönstem Sommerwetter und wärmsten Temperaturen mit Trauermärschen und im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubenden Mengen an Weihrauch durch die Straßen trotten. Das hat dann schon etwas sehr befremdliches, ja fast sektiererisches! Es ist übrigens eine große Ehre, in einer Prozession tragen zu dürfen, für die die Leute teilweise (oder immer?) sogar zahlen müssen – je besser der Zeitpunkt, desto mehr! Denn natürlich ist es keinem Menschen zuzumuten, in dieser Hitze 12 Stunden am Stück so schwere Figuren zu tragen, deshalb wird ständig gewechselt.
Ich hatte zwar auch schon in den vorhergegangenen Wochen einige Prozessionen gesehen, aber vor allem die unglaublich filigrane Ausarbeitung der Alfombras und der Ansturm, der Antigua fast überquellen ließ, waren auch für mich neu. So konnte man den ganzen Tag durch die Straßen laufen und die Gestaltungsvariationen der immer wieder neu entstehenden Teppiche bewundern. Und auch in Dueñas gab es einige Prozessionen mit tollen Teppichen, die Paula (die auch für einige Tage zu Besuch kam) und ich abends bewunderten (die anderen schliefen nämlich in Antigua) und uns über die, im Gegensatz zu Antigua großen Überschaubarkeit und den dörflichen Charakter freuten. Für die Ostersonntagsprozession, bei der dann keine Trauermärsche, sondern festliche Musik ertönte, besuchten wir dann schließlich alle Dueñas.

... und Kirche von Duenas
Alfombra, Prozession,...


Beim Drechsler
In einem Förderungsprogramm der guatemaltekischen Tourismusbehörde besuchten wir außerdem zwei Dörfer nahe Antiguas, die aus diesem Anlass ein schönes Programm zu bieten hatten und auch an sich herrlich anzusehen waren. So konnten wir einen Drechslerbetrieb und einen tollen Aussichtspunkt in „San Cristóbal el Alto“ und ein Museum, das sich mit Dorfgeschichte befasste, sowie eine Schokoladenmanufaktur in „San Juan del Obispo“ besichtigen. Ein traumhafter Ausflug, denn die beiden Dörfchen hatten einen besonderen Charme zu bieten, mit dem es werder Antigua und erst recht nicht Dueñas aufnehmen können.
Werkzeuge zur Schokoladenherstellung


 
Schälen der Kakaobohnen






Sicht auf Antigua








 



Als mein persönliches Highlight bestiegen wir gegen Ende unserer Antigua-Zeit einen weiteren Vulkan, dieses Mal aber richtig! Schon gegen 5 Uhr morgens, also noch im Dunkeln, machten wir vier uns gemeinsam mit unserem Guide auf, um den Acatenango zu erklimmen. Nach vier super anstrengenden Stunden (es ging wirklich konstant steil bergauf und das auf bis zu 4000m!) hatten wir endlich die Spitze erreicht. Schon während des Aufstiegs wurden wir durch tolle Ausblicke auf die Umliegende Umgebung und die ständig wechselnden Vegetationszonen des Hangs angestachelt um oben schließlich von einem unvergesslichen Bild belohnt zu werden. Man fühlte sich fast ein bisschen überwältigt, so ganz alleine auf dem Gipfel, nur von schwarzem Vulkangestein, blauem Himmel und rauschenden Windböen umgeben. Unter uns legte sich das Umland wie auf einer riesigen dreidimensionalen Landkarte dar, mit den Dörfern und Städten, den viel niedrigeren Bergen und vereinzelten hoch aufragenden Vulkanen, dazu endlose Flächen von schneeweißen Wolken und in der Ferne konnte man sogar den Pazifik und den Atitlán-See erkennen! Eine weitere Attraktion war der Gipfel des, bekannterweise aktiven, Vulkans Fuego, der nur 2km entfernt liegt und auch für uns ein paar graue Wölkchen ausstieß. Nachdem wir die gesamte Aussicht ausgiebig genossen hatten, machten wir uns wieder an den Abstieg und nach etwa 2 weiteren Stunden erreichten wir, vollkommen erschöpft aber den Kopf immer noch mit den beeindruckenden Bildern gefüllt, wieder den Fuß des Berges.
Der Fuego








 




















Als letzte Station der Familienreise ging es nach Cobán, eine an sich ziemlich hässliche Stadt, etwa 5 Stunden von Antigua entfernt. Was ich dort aber toll fand, war, dass alles ziemlich grün war, da es in dieser Gegend deutlich mehr regnet. Ich war auch wirklich sehr überrascht, als es gleich an unserem ersten Morgen regnete, was ich aus der Antigua-Ecke kaum noch gewohnt war, denn derzeit geben die Wolken dort –wenn überhaupt- selten mehr als ein paar Tropfen ab. Somit machten wir uns also in Regenjacken und immer noch mir Muskelkater von der Vulkanbesteigung auf, zu unserem ersten Ausflug in der Region, dem Naturschutzgebiet „Biotopo del Quetzal“. Der Quetzal ist ein extrem seltener, farbenfroher Vogel mit einer außergewöhnlich langenSchanzfeder – und Nationalsymbol Guatemalas. Er ziert nicht nur das Wappen des Landes, auch die Währung ist nach diesem scheuen Tier benannt, das hauptsächlich tief in den Nebelwäldern des Verapaz (also grob der Umgebung von Cobán) lebt. Die Guatemalteken sind sehr stolz auf ihren Nationalvogel, auch wenn kaum ein Normalbürger ihn je zu Gesicht bekommt, da die Gefangenhaltung des Quetzals verboten ist. Auch wir entdeckten das berühmte Tier nicht in real life, konnten dafür aber den wirklich beeindruckenden Pflanzenreichtum des Nebelwaldes bewundern.
Der Rio Cahabon verschwindet
Semuc Champey von oben
Schon am nächsten Tag stand der nächste Erlebnisausflug an. Dieses Mal starteten wir bei strahlendem Sonnenschein in das „Naturwunder Semuc Champey“. Was dieses genau ist, lässt sich schwer erklären, ist aber vielleicht durch die Bilder besser zu verstehen. Semuc Champey, was in einer der örtlichen Mayasprache „Ort, wo sich der Fluss versteckt“, heißt, ist sozusagen eine breite Steinbrücke, die von dem Fluss Río Cahabón unterspült wird, während ein anderer Fluss über die Oberfläche fließt und in mehreren Becken Pools bildet. Das erstaunliche daran ist, dass dieser wunderschöne Fleck Erde ganz natürlich in einer abgelegenen Ecke Guatemalas entstanden und folglich auch sehr schwierig zugänglich ist. Während man das erste Stück der Wegstrecke noch auf einer normalen Asphaltstraße zurücklegt, die jedoch auch schon riesige Schlaglöcher aufweist, führt nach einiger Zeit nur noch eine kurvenreiche Erdstraße weiter und schließlich muss man die letzten Kilometer stehend auf der Ladefläche eines Pick-Ups hinter sich bringen, da andere Fahrzeuge nicht passieren können. Doch auch hier wird man für die „Strapazen“, die hier zugegebenermaßen nicht ganz so groß wie bei der vierstündigen Wanderung auf den Acatenango waren, belohnt;) Zuerst sahen wir uns den ganzen Ort auf einem Aussichtspunkt von oben an, dann ging es relativ bald zum Baden und über die Steine springend und rutschend von Pool zu Pool. Und das alles in der unvergleichbaren, fast schon unwirklich schönen Kulisse der üppig exotisch bewachsenen Hänge.

Ein Kakaobaum
Anschließend liefen wir, vorbei an Kakao- und Kardamompflanzen, zum Eingang einer nahen Höhle, wo jedem eine Kerze in die Hand gedrückt wurde (uns vieren dank unseres Guides auch noch ein Helm) und es schließlich zum „Caving“ losging. Etwas ähnliches hatte ich schon einmal gemacht, damals aber ausgerüstet mit dickem Neoprenanzug, Wasserschuhen und Kopftaschenlampen. Ganz anders in Guatemala, wo wir uns nun also barfuß und in Schwimmsachen ans „Erkunden“ der Höhle machten und jedes Mal, wenn wir uns beim Schwimmen irgendwo anstießen, mit unserer Kerze in der Hand fast absoffen:D Natürlich hatten unsere Guides richtige Taschenlampen, sodass wir uns nicht nur auf das schwache, flackernde Kerzenlicht verlassen mussten, was im Zusammenhang mit einer von Wasser durchflossenen Höhle vielleicht auch nicht so schlau gewesen wäre…:D Obwohl es ab einem gewissen Zeitpunkt super kalt wurde, war auch das ein sehr schönes Erlebnis. Als Adrenalin-Highlights konnte man noch auf einer Schaukel über den Fluss schwingen, um dann am höchsten Punkt ins Wasser abzuspringen und sich von der einzigen nahen Brücke in den Río Cahabón stürzen. Doch diese Brücke hat es in sich! Sie ist zwar so breit, dass auch Autos darüberfahren können, jedoch fehlen immer wieder Plankenteile, sodass für den Fußgänger gefährliche Lücken entstehen. Angeblich war die Brücke vor einiger Zeit sogar komplett gesperrt, da so viele Planken fehlten, dass es auch für Fahrzeuge zu  gefährlich wurde… Wir sind aber alle heil von unserem letzten gemeinsamen Ausflug wiedergekommen, bevor es für die anderen drei auch schon wieder zurück nach Deutschland ging.
Und auch für mich geht es übrigens bald nach Hause! Am 14. Mai werde ich dieses tolle Land wieder verlassen, das im letzten halben Jahr doch irgendwie ein Stück Vertrautheit geworden ist… Aber bis dahin bleiben mir momentan immer noch ca. 4 Wochen, die ich im Projekt verbringen werde, denn es gibt immer noch einige Dinge, die geschafft werden müssen…:)