Montag, 19. Januar 2015

Die Arbeit ruft!

Nachdem ich bisher fast ausschließlich über „Abenteuer und Freizeit“ berichtet habe, will ich heute auch einmal darüber schreiben, was ich die letzten 2 Monate so gearbeitet habe. Zu Beginn möchte ich aber erst mal klarstellen, dass dieser Blog hauptsächlich für Familie, Freunde und Bekannte gedacht war, um ihnen ein bisschen was über meine Eindrücke und Erlebnisse zu erzählen und nicht, um detailliert zu schildern, was ich wo, wann und wie gearbeitet habe. Nicht umsonst heißt der Blog „Abenteuer in Guatemala“. Aber gut, ein bisschen was von meinem Alltag gehört schon auch mit dazu.

Wie bereits erwähnt, war ich bis jetzt hauptsächlich bei der Arbeit der Ernährungsberaterin Mariajosé dabei, die den Ernährungsstand vor allem der Kinder aus dem Dorf checkt und beratende Gespräche zur Ernährung gibt. Wird bei einem Kind (besonders unter 5 Jahren) Unterernährung diagnostiziert, kommen (je nachdem was da ist) Spenden von ergänzenden Lebensmitteln dazu, die zu einer normalen Entwicklung zurückführen sollen. Diese Diagnose wird anhand eines Idealverhältnisses von Größe zu Gewicht und Alter des jeweiligen Kindes aufgestellt, deren Messungen für gewöhnlich ich übernehme. Die Kinder, bei denen Unterernährung festgestellt wurde, müssen regelmäßig ins Centro kommen, um die Werte erneut zu prüfen. Ich hätte nicht gedacht, dass die richtige Ernährung eine derart wichtige Rolle spielt, aber der Großteil der Synapsen im Gehirn wird in den ersten 2 Jahren des Lebens ausgebildet, weshalb es sehr wichtig ist, dass genügend Proteine vorhanden sind. Da auch für den Bau des restlichen Körpers Proteine nötig sind, sind Größe und Gewicht ein sehr guter Maßstab für den Ernährungsstand. Sind diese Baustoffe allerdings nicht vorhanden, wird das betroffene Kind sein Leben lang einerseits kleiner sein, andererseits auch eine verminderte Denkleistung im Vergleich zu den Kindern haben, die „normal“ ernährt wurden. Bis zum etwa 6. Lebensjahr kann man in dieser Hinsicht noch „nachhelfen“, doch danach sind die Schäden bleibend. Aus diesem Grund ist es natürlich sehr wichtig, dass den Kindern schnell und kontinuierlich geholfen wird, doch viele Eltern verstehen das nicht und weigern sich, ins Zentrum zu kommen. Diese Fälle besuchen wir dann zuhause, um die Messung vorzunehmen und versuchen, die Familien zum Annehmen des Angebots zu bewegen.
Die Wege sind teilweise sehr abenteuerlich
Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass in diesen Hütten Menschen leben!
Mit Mariajosé vor einem Hausbesuch


 










Neben den Untersuchungen und Einzelgesprächen geht die Ernährungsberaterin normalerweise auch in Schulen, um die Kinder dort in die Kartei aufzunehmen (seitdem ich da bin, waren bisher aber durchgängig Ferien) oder wir gehen in sog. Communidades, um dort Vorträge zu halten. Das schockierende ist nämlich, dass die meisten Unterernährten hier nicht zu wenig, sondern nicht das richtige Essen bekommen; einfach nur aus Unwissenheit! Und da viele Mütter nicht einmal richtig lesen und schreiben können, muss ihnen das Wissen mündlich immer und immer wieder übertragen werden. Allerdings tun sich bei diesen Vorträgen einige Probleme auf; beispielsweise gibt es im Rathaus nur einen Videoprojektor, den die teilweise aber (grundlos?!) nicht rausrücken oder die Communidad-Anführer vergessen den Termin einfach und man steht am Schluss alleine da. Das kann ganz schön frustrierend sein!

Beim Bau des Prototypen
Als ein weiteres Projekt haben wir begonnen, armen Familien, die den ganzen Tag auf Kaffeefinkas o.ä. arbeiten müssen, beizubringen, sich einen Solarofen zu bauen. Mit diesem ist es möglich, Essen während der Arbeit auf dem Feld zu erwärmen, oder den Tag über Wasser abzukochen, um es abends verwenden zu können. Diese Öfen, die allein die Sonnenenergie nutzen, kann man ganz einfach aus Karton und leeren Chipstüten bauen, die hier sowieso zu Genüge rumliegen; das einzige Problem ist der Kleber. Der muss nämlich sowohl Plastik kleben können, darf aber auch nicht teuer sein... Ein von uns gebauter Ofen hat auch schon erstaunlich gut funktioniert, aber leider nur für 2 Tage, da sich danach die Tüten wieder gelöst haben… Da muss noch ein bisschen recherchiert und experimentiert werden!

Der erste fertige Solarofen
Aktion im Puesto de Salud















Zudem werden hin und wieder Aktionstage mit dem „Puesto de Salud“, einem kostenlosen Gesundheitszentrum, veranstaltet. Dabei werden die Kinder ebenfalls durchgecheckt und bekommen dann, je nachdem, Impfungen, Medikamente oder Vitamine/Mineralien.



 Und nachdem mein Spanisch endlich dafür bereit ist, mich einigermaßen mit den Menschen verständigen zu können, habe ich nun auch mit der Planung meiner eigenen Projekte begonnen. Ich hätte zwar auch nicht gedacht, dass das Spanischlernen derart lang dauert, aber immerhin habe ich mehr oder weniger bei null angefangen. Und ohne Spanisch und allein, wie ich bin, ist es so gut wie unmöglich, den Menschen klarzumachen, was man vorhat oder dafür braucht. Jetzt kann ich aber richtig loslegen; vorausgesetzt, alles läuft so, wie ich es mir vorstelle. Da habe ich aber auch schon so meine Bedenken, denn ich habe inzwischen mit der Raumsuche und detaillierten Planung des Mikroskoperaums begonnen und es tun sich jetzt schon die ersten Probleme auf. Zum einen hat das Rathaus, ganz nach guatemaltekischer Art, die Ladekabel der Mikroskope verschlampert, außerdem ist überhaupt nicht klar, wer den Tisch für den Raum überhaupt bezahlen soll! Und dieser ist ganz besonders wichtig, denn die Mikroskope müssen möglichst gut gesichert werden, da sie ansonsten sehr schnell verschwunden wären…
Doch wenigstens die Verteilung der brennstoffsparenden Öfen macht Fortschritte. Erst letzte Woche war ich bei der Verteilung von 6 Öfen um Wert von ca. 560€ dabei und konnte mir dabei selbst auch nochmal ein Bild machen, wie bitter diese benötigt werden. Demnächst sollen weitere bestellt werden, um die Gesundheits- und Wohnsituation von noch mehr Menschen zu verbessern; jedoch ist auch dafür das Budget begrenzt. An dieser Stelle könnte ich dutzende von Fotos zeigen, bei denen man sich jedes Mal fragt, wie die Leute überhaupt so leben können.





Besichtigung eines bereits installierten Ofens
 


















Da letzte Woche nach mehr als 3 Monaten die Schule begonnen hat, sind nun auch wieder mehr Kinder in der Nähe und die Dinge laufen hoffentlich bald etwas flüssiger. Jedoch ist genau jetzt die Ernährungsberaterin beurlaubt - Rückkehr ungewiss!