Donnerstag, 9. Juli 2015

"Die Rückkehr" oder "Wo bin ich nochmal zuhause?"

Unglaublich - mittlerweile bin ich schon über eineinhalb Monate zurück in Deutschland! Und obwohl es nun schon etwas länger her ist, dass ich Guatemala verlassen habe, liegt mir ein letzter Bericht sehr am Herzen. Ich möchte noch darüber schreiben, wie es ist, nach einer so langen Zeit seinem neuen Zuhause den Rücken zuzuwenden und nach Deutschland zurückzukehren.
In den Wochen, die ich nun wieder daheim verbracht habe, tauchten hauptsächlich zwei Fragen immer wieder auf. Eine davon lautet in etwa: „Wie war es denn in Guatemala?“; die andere „Und wie ist es so, wieder in Deutschland zu sein?“ Doch ehrlich gesagt kann man auf keine der beiden eine schnelle, kurze Antwort geben. Natürlich sage ich der Einfachheit halber meist etwas wie: „Guatemala hat mir gut gefallen, aber hier ist es auch wieder schön!“, doch die Wahrheit ist nicht so leicht auszudrücken.
Das sollte ich an dieser Stelle vielleicht einmal genauer erklären. Denn es ist nicht so, dass es mir in Guatemala nicht gefallen hätte. Ganz im Gegenteil! Ich bin unglaublich begeistert von dem Land, das ich in diesem halben Jahr immer besser kennengelernt habe. Hätte ich nochmal die Möglichkeit, würde ich mich zu hundert Prozent wieder für Guatemala entscheiden und noch immer kann ich mich kaum bremsen, von meinen Erlebnissen dort zu erzählen. Doch da ich so viel Zeit vor Ort verbracht habe, gibt es natürlich nicht nur die schönen, herausstechenden Erlebnisse, sondern eher ein unübersichtliches Gewimmel an Erinnerungen, Erfahrungen und Empfindungen, die alle zusammengenommen mein persönliches "Guatemala-Gefühl" ergeben. Denn wie wahrscheinlich einfach nachzuvollziehen ist, habe ich im Laufe der Zeit viel erlebt, gute und schlechte Erfahrungen gesammelt, Dinge gesehen, die mich gefreut haben, und andere, die mich traurig stimmten. Und es war auch nicht immer einfach, eigene Vorstellungen und Erwartungen mit der Realität zu vereinbaren. Doch ich wollte ja auch keinen Urlaub machen, sondern Land, Kultur, Sprache und Leute kennenlernen - dort wirklich leben!
Die andere Frage - wie es ist, wieder nach Deutschland zu kommen - ist sogar noch schwieriger zu beantworten. Es gibt natürlich unglaublich viele Vorteile an unserem Leben hier, über die wir uns vielleicht nicht einmal im Klaren sind. Vor allem in den ersten Tagen zurück war ich ungalublich begeistert, immer warmes Wasser aus der Leitung zapfen zu können und auch nicht fürchten zu müssen, es würde von einem Moment auf den anderen einfach aufhören zu fließen. Auch die Verschutzung und vor allem die Lärmbelastung (Gutealtemalteken haben einfach kein Empfinden für Lärm!!!) sind deutlich besser zu ertragen, bzw. hier in dieser Weise gar nicht vorhanden. Und  auch das alltägliche Chaos kommt mir hier deutlich kleiner vor.  Kurz um: Dieses halbe Jahr lässt sich in keinster Weise mit dem Leben in Deutschland vergleichen; zu anders waren der Alltag und die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Und obwohl ich angefangen habe, mir dort eine neues Zuhause aufzubauen, ist trotzdem klar, dass ich nie in dieses zurückkehren werde. Sollte ich wieder einmal in Dueñas sein, wird es sich dennoch anders anfühlen, denn ich werde nur den Besucherplatz einnehmen und nicht dieselben Aufgaben haben. Genau aus diesem Grund fiel mir der Abschied von dort auch so viel schwerer, als ein halbes Jahr zuvor von Deutschland. Auch das hört sich wahrscheinlich erst mal ungewöhnlich an, es gibt aber gute Gründe dafür. Als ich wegging, war klar, dass ich in absehbarer Zeit wieder zurückkehren und Familie, Freunde und sonstiges Umfeld kaum verändert vorfinden würde. Inzwischen fühlt es sich sogar so an, als habe sich alles zu wenig verändert, aber das können wahrscheinlich nur die nachvollziehen, die selber schon mal eine längere Zeit im Ausland waren. Doch langsam aber sicher werde ich die ganzen kleinen Einzelheiten vergessen, durch die ich Guatemala so lieben gelernt habe, bis mein „persönliches Guatemala" sich langsam aber sicher auflöst, da es nun mal genau auf diesen Erinnerungen basiert. Aber das lässt sich einfach nicht vermeiden und war von Anfang an klar. Doch aus genau diesen Gründen sehe ich es eher mit gemischten Gefühlen, wieder in Deutschland zu sein. Unter anderem deswegen habe ich in diesem Blog versucht, meine Erlebnisse und Abenteuer so gut wie möglich zu konservieren und zu vermitteln, um auch noch andere Menschen für meinen Aufenthalt in Guatemala zu begeistern.  Zu guter Letzt möchte ich deswegen nochmal ein paar Bilder aus meinen letzten Tagen mit euch teilen. Ich hoffe, mein Blog hat euch gefallen, ihr hattet Spaß am Lesen und konntet dadurch vielleicht etwas an meinem Leben und meinen Erfahrungen teilhaben. Und falls jemand noch mehr wissen will, fragt mich einfach!:)

Mit einer Vorschulklasse
Abschiedsbild mit den "großen" Fußballern








Mit den "kleinen" Fußballern

Abschiedsbild mit einer 6. Klasse


Sonntag, 31. Mai 2015

Letzte Arbeitstage

Wirklich schnell kam dieser Bericht zwar nicht, aber nun ist er da und das sogar ausführlicher, als am Anfang geplant:
Langsam wird auch mir klar, dass meine Abreise kurz bevorsteht. Es sind nur noch wenige Tage bis zum Flug und bei so vielen Dingen denke ich mir, dass ich sie jetzt wohl zum letzten Mal tue, sehe, erlebe… Und in die Freude, bald wieder Familie und Freunde zuhause zu sehen, mischt sich ganz klar auch Traurigkeit, mein inzwischen vertrautes Leben in Guatemala zu verlassen. Das alles klingt nun wie die üblichen Klischeewörter zum Abschied, aber ganz genau so ist es nun mal... Doch noch kann ich die letzten Tage und Erlebnisse genießen und hoffe sehr, eines Tages in meine neue, zweite Heimat zurückzukehren. Aber jetzt mal Schluss mit den Abschiedsgedanken, denn auch im Projekt war wieder viel los!
Hygieneaufklärung im Centro
Inzwischen ist unser Zentrum ziemlich gut besucht von Familien und Patienten jeden Alters aus dem ganzen Dorf und sogar aus benachbarten Gemeinden! Denn das Projekt ist durchaus eine Seltenheit und die Menschen fassen immer mehr Vertrauen zur guten Beratung, die nicht ganz selbstverständlich ist. Denn kaum ein Arzt hat von der Erfassung und Auswertung der Daten eine Ahnung, ganz zu schweigen von der weiteren Behandlung. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, in denen sich Familien standhaft weigern, ihre Kinder zu unseren Untersuchungen zu bringen. So zum Beispiel die Mutter von etwa dreijährigen Zwillingen, die vor über einem Jahr durch Zufall entdeckt wurden. Obwohl ein weiteres ihrer Kinder bereits an Unterernährung gestorben ist, sieht diese Frau immer noch nicht ein, warum sie zu uns kommen sollte und auch bei Hausbesuchen ist sie nie anzutreffen. Schließlich hat sich sogar der Bürgermeister eingeschaltet und sie vorgeladen. Bei dieser Gelegenheit habe ich sie das erste Mal gesehen – mit ihrem ziemlich neuen Smartphone in der Hand! Es ist schon unglaublich traurig, wofür die Leute ihr Geld ausgeben, während ihre Kinder verhungern… Doch leider kann man dagegen in unserer Position kaum etwas tun, denn wenn die Eltern unsere Beratung nicht freiwillig annehmen, sind wir machtlos. Man kann die Familien zwar immer weiter versuchen zum Kommen zu überreden, doch Zwingen kann man sie zu gar nichts. Wie so häufig in diesem Land ist auch das wieder eine politische Sache und durch die Wahlen im September besonders brisant.
 Um auch die Kinder dieser weniger überzeugten Eltern zu erreichen, haben wir in der letzten Zeit zusätzlich viele Evaluationen in Schulen und Dorfvierteln durchgeführt. Vor allem in den Schulen fällt einem der Größenunterschied zwischen den Mitschülern auf, der viel größer ist, als beispielsweise in einer deutschen Schulklasse. Einerseits liegt das natürlich daran, dass auch die Altersunterschiede deutlich größer sind als bei uns (in einer 1.Klasse sind wir z.B. auf eine Elfjährige gestoßen, die vorher noch nie in die Schule gegangen war), andererseits hängt das auch mit der chronischen Unterernährung vieler Schüler zusammen. In 70% der Fälle gibt die Größe nämlich den Ernährungsstand der Kinder an.

Gleiches Alter, ganz verschiedene Statur
Evaluation in einer Schule


Dasselbe Problem ist auch bei der Evaluierung der Dorfpolizisten aufgefallen. Von den 14 Ordnungshütern waren gerade einmal zwei größer als ich und keiner hat die 1.65cm erreicht, was in Bayern soviel ich weiß die Mindestgröße ist, um überhaupt in den Polizeidienst aufgenommen zu werden. Trotz der unzureichenden Ernährung im Kindesalter, haben die meisten dieser Polizisten inzwischen mit Übergewicht zu kämpfen – ein weiteres großes Problem der gesamten Gesellschaft.
Das Holzxylofon
Neben den ernährungsberaterischen Tätigkeiten habe ich auch an den anderen Projekten im CMT weitergearbeitet. Das lang angekündigte Holzxylofon wurde letzten Endes fertig gestellt und ist nun bereit, gespielt zu werden, der letzte von vier Bildschirmen wurde montiert, um den Kindern mehr Einblicke in die Pflanzenwelt ihres eigenen Landes zu vermitteln und auch die Mikros- und Teleskope wurden regelmäßig von neugierigen Kindern bestürmt. Das einzige was mir nun Sorgen bereitet, ist, wie diese Installationen nach meiner Abreise noch genutzt werden können, da es niemanden gibt, der Interessierten nachmittags aufschließen oder etwas erklären könnte. Und auch die Lehrer, in die wir ja viel Hoffnung gelegt hatten, haben bis jetzt kein großes Interesse gezeigt, die Geräte in ihren Unterricht einzubinden, da sie nicht wissen, wie sie den Rest ihrer Klasse beaufsichtigen sollen, während maximal vier bis acht Schüler auf einmal die Mikroskope benutzen können. Aber ich hoffe sehr, dass dafür noch eine Lösung gefunden werden kann!
Beim vorbereiten neuen Materials für einen Solarofen

Türen streichen mit
tatkräftiger Unterstützung














Zusätzlich dazu habe ich außerdem meinen Englischunterricht fortgeführt. Zu meiner Überraschung lief der bei den Kleinen nach etwas Eingewöhnung besser, als bei den Älteren. Und auch wenn die Kinder sicher noch keine großartigen Konversationen auf Englisch führen können, habe ich vielleicht bei einigen das Interesse an anderen Sprachen, Ländern und Kulturen geweckt, von welchen sie normalerweise höchstens im Fernsehen etwas mitbekommen.























Sicht auf Duenas vom Cerrito
An meinem letzten Wochenende hier habe ich außerdem noch ganz besonderen Besuch bekommen. Für ein paar Tage waren drei Mitglieder von erlanger Rotarier Clubs da, um den Aufbau eines Wasserprojekts in Dueñas zu unterstützen. Ein Teil des Dorfes, genannt ‘El Cerrito‘ (Hügelchen), bekommt wegen seiner Lage nämlich den halben Tag kein Wasser, da bereits alles auf dem Weg dorthin verbraucht wird. Um dies zu ändern, muss eine Quelle neu erschlossen werden, deren Wasser direkt zum Cerrito geleitet werden soll. Dabei musste natürlich viel besichtigt, gemessen und nachgefragt werden, wobei ich teilweise Übersetzerin spielen dürfte. Jedenfalls war es auch für mich sehr interessant, das Wasser- und Abwassersystem von Dueñas kennenzulernen und zu sehen, wie kompliziert das Vorbereiten und Bauen einer solchen Leitung ist. Mich hat allerdings sehr geschockt, zu erfahren, dass alle Abwässer des Dorfes vollkommen ungeklärt in zwei Flüsse geleitet werden. Doch dies ist sicher keine Seltenheit in Guatemala.

Freitag, 15. Mai 2015

Wieder zuhause

Nach einem langen Flug bin ich inzwischen wieder gut in Deutschland angekommen. Ein Bericht über meine letzten Tage in Guatemala ist schon so gut wie fertig, ich habe es nur nicht mehr geschafft, ihn hochzuladen. Er folgt in Kürze!:)

Dienstag, 21. April 2015

Besuch aus der Ferne

Heute gibt es mal wieder einen kleinen (oder etwas größeren;D) Reise- und Erlebnisbericht von mir. Über Ostern war nämlich meine Familie zu Besuch und ich bekam mal wieder die Gelegenheit, ein bisschen mehr dieses wunderschönen Landes zu entdecken.
Die ersten paar Tage verbrachten wir am Lago de Atitlán, über den ich ja schon ausführlich berichtet habe. Deshalb an dieser Stelle nur ein paar Bilder.

 













 


In den letzten Jahren stieg
der Wasserspiegel immer weiter...










Ostern, in Guatemala „Semana Santa“ (Heilige Woche) genannt, verbrachten wir in Antigua, was auch für michaußergewöhnlich war, obwohl ich dieses Städtchen – etwas übertrieben gesagt – schon in- und auswendig kenne. In dieser Zeit tritt hier nämlich sozusagen der Ausnahmezustand ein, da hunderttausende in – und ausländische Touristen (in diesem Jahr 596 000!) in das 41 000 Einwohnerstädtchen strömen um in dessen kolonialen Ambiente die berühmten Osterprozessionen zu erleben. Schon die gesamte Fastenzeit hindurch gab es davon jeden Sonntag eine, von einer der vielen Kirchen Antiguas und der nahen Umgebung veranstaltet. Dabei zieht eine riesige Menschenmenge musizierend, Weihrauch schwingend und riesige Heiligenfiguren schleppend, bis zu 12 Stunden lang durch die Straßen, die dazu mit wunderschön bunten, vielfältigen „Alfombras“ (Teppichen) aus Sägespänen oder –mehl, Blumen und Blüten, Obst, Gemüse und vielem anderen geschmückt sind. Von Woche zu Woche werden diese Alfombras schöner
und aufwändiger, bis hin zum Finale am Karfreitag, das folglich auch von den meisten Menschen besucht wird. An diesen letzten Tagen vor Ostern ziehen täglich bis zu 5 Prozessionen unterschiedlicher Kirchen los, sodass es fast unmöglich wird, von einem Ort zum anderen zu gelangen, ohne auf dem Weg einer Prozession bzw. der zuschauenden Menschenmasse aufgehalten zu werden.











Es ist aber immer wieder ein beeindruckendes Bild, wenn zuerst als Römer verkleideten Männer, später dann lila bekutteten Träger und festlichen Musiker bei schönstem Sommerwetter und wärmsten Temperaturen mit Trauermärschen und im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubenden Mengen an Weihrauch durch die Straßen trotten. Das hat dann schon etwas sehr befremdliches, ja fast sektiererisches! Es ist übrigens eine große Ehre, in einer Prozession tragen zu dürfen, für die die Leute teilweise (oder immer?) sogar zahlen müssen – je besser der Zeitpunkt, desto mehr! Denn natürlich ist es keinem Menschen zuzumuten, in dieser Hitze 12 Stunden am Stück so schwere Figuren zu tragen, deshalb wird ständig gewechselt.
Ich hatte zwar auch schon in den vorhergegangenen Wochen einige Prozessionen gesehen, aber vor allem die unglaublich filigrane Ausarbeitung der Alfombras und der Ansturm, der Antigua fast überquellen ließ, waren auch für mich neu. So konnte man den ganzen Tag durch die Straßen laufen und die Gestaltungsvariationen der immer wieder neu entstehenden Teppiche bewundern. Und auch in Dueñas gab es einige Prozessionen mit tollen Teppichen, die Paula (die auch für einige Tage zu Besuch kam) und ich abends bewunderten (die anderen schliefen nämlich in Antigua) und uns über die, im Gegensatz zu Antigua großen Überschaubarkeit und den dörflichen Charakter freuten. Für die Ostersonntagsprozession, bei der dann keine Trauermärsche, sondern festliche Musik ertönte, besuchten wir dann schließlich alle Dueñas.

... und Kirche von Duenas
Alfombra, Prozession,...


Beim Drechsler
In einem Förderungsprogramm der guatemaltekischen Tourismusbehörde besuchten wir außerdem zwei Dörfer nahe Antiguas, die aus diesem Anlass ein schönes Programm zu bieten hatten und auch an sich herrlich anzusehen waren. So konnten wir einen Drechslerbetrieb und einen tollen Aussichtspunkt in „San Cristóbal el Alto“ und ein Museum, das sich mit Dorfgeschichte befasste, sowie eine Schokoladenmanufaktur in „San Juan del Obispo“ besichtigen. Ein traumhafter Ausflug, denn die beiden Dörfchen hatten einen besonderen Charme zu bieten, mit dem es werder Antigua und erst recht nicht Dueñas aufnehmen können.
Werkzeuge zur Schokoladenherstellung


 
Schälen der Kakaobohnen






Sicht auf Antigua








 



Als mein persönliches Highlight bestiegen wir gegen Ende unserer Antigua-Zeit einen weiteren Vulkan, dieses Mal aber richtig! Schon gegen 5 Uhr morgens, also noch im Dunkeln, machten wir vier uns gemeinsam mit unserem Guide auf, um den Acatenango zu erklimmen. Nach vier super anstrengenden Stunden (es ging wirklich konstant steil bergauf und das auf bis zu 4000m!) hatten wir endlich die Spitze erreicht. Schon während des Aufstiegs wurden wir durch tolle Ausblicke auf die Umliegende Umgebung und die ständig wechselnden Vegetationszonen des Hangs angestachelt um oben schließlich von einem unvergesslichen Bild belohnt zu werden. Man fühlte sich fast ein bisschen überwältigt, so ganz alleine auf dem Gipfel, nur von schwarzem Vulkangestein, blauem Himmel und rauschenden Windböen umgeben. Unter uns legte sich das Umland wie auf einer riesigen dreidimensionalen Landkarte dar, mit den Dörfern und Städten, den viel niedrigeren Bergen und vereinzelten hoch aufragenden Vulkanen, dazu endlose Flächen von schneeweißen Wolken und in der Ferne konnte man sogar den Pazifik und den Atitlán-See erkennen! Eine weitere Attraktion war der Gipfel des, bekannterweise aktiven, Vulkans Fuego, der nur 2km entfernt liegt und auch für uns ein paar graue Wölkchen ausstieß. Nachdem wir die gesamte Aussicht ausgiebig genossen hatten, machten wir uns wieder an den Abstieg und nach etwa 2 weiteren Stunden erreichten wir, vollkommen erschöpft aber den Kopf immer noch mit den beeindruckenden Bildern gefüllt, wieder den Fuß des Berges.
Der Fuego








 




















Als letzte Station der Familienreise ging es nach Cobán, eine an sich ziemlich hässliche Stadt, etwa 5 Stunden von Antigua entfernt. Was ich dort aber toll fand, war, dass alles ziemlich grün war, da es in dieser Gegend deutlich mehr regnet. Ich war auch wirklich sehr überrascht, als es gleich an unserem ersten Morgen regnete, was ich aus der Antigua-Ecke kaum noch gewohnt war, denn derzeit geben die Wolken dort –wenn überhaupt- selten mehr als ein paar Tropfen ab. Somit machten wir uns also in Regenjacken und immer noch mir Muskelkater von der Vulkanbesteigung auf, zu unserem ersten Ausflug in der Region, dem Naturschutzgebiet „Biotopo del Quetzal“. Der Quetzal ist ein extrem seltener, farbenfroher Vogel mit einer außergewöhnlich langenSchanzfeder – und Nationalsymbol Guatemalas. Er ziert nicht nur das Wappen des Landes, auch die Währung ist nach diesem scheuen Tier benannt, das hauptsächlich tief in den Nebelwäldern des Verapaz (also grob der Umgebung von Cobán) lebt. Die Guatemalteken sind sehr stolz auf ihren Nationalvogel, auch wenn kaum ein Normalbürger ihn je zu Gesicht bekommt, da die Gefangenhaltung des Quetzals verboten ist. Auch wir entdeckten das berühmte Tier nicht in real life, konnten dafür aber den wirklich beeindruckenden Pflanzenreichtum des Nebelwaldes bewundern.
Der Rio Cahabon verschwindet
Semuc Champey von oben
Schon am nächsten Tag stand der nächste Erlebnisausflug an. Dieses Mal starteten wir bei strahlendem Sonnenschein in das „Naturwunder Semuc Champey“. Was dieses genau ist, lässt sich schwer erklären, ist aber vielleicht durch die Bilder besser zu verstehen. Semuc Champey, was in einer der örtlichen Mayasprache „Ort, wo sich der Fluss versteckt“, heißt, ist sozusagen eine breite Steinbrücke, die von dem Fluss Río Cahabón unterspült wird, während ein anderer Fluss über die Oberfläche fließt und in mehreren Becken Pools bildet. Das erstaunliche daran ist, dass dieser wunderschöne Fleck Erde ganz natürlich in einer abgelegenen Ecke Guatemalas entstanden und folglich auch sehr schwierig zugänglich ist. Während man das erste Stück der Wegstrecke noch auf einer normalen Asphaltstraße zurücklegt, die jedoch auch schon riesige Schlaglöcher aufweist, führt nach einiger Zeit nur noch eine kurvenreiche Erdstraße weiter und schließlich muss man die letzten Kilometer stehend auf der Ladefläche eines Pick-Ups hinter sich bringen, da andere Fahrzeuge nicht passieren können. Doch auch hier wird man für die „Strapazen“, die hier zugegebenermaßen nicht ganz so groß wie bei der vierstündigen Wanderung auf den Acatenango waren, belohnt;) Zuerst sahen wir uns den ganzen Ort auf einem Aussichtspunkt von oben an, dann ging es relativ bald zum Baden und über die Steine springend und rutschend von Pool zu Pool. Und das alles in der unvergleichbaren, fast schon unwirklich schönen Kulisse der üppig exotisch bewachsenen Hänge.

Ein Kakaobaum
Anschließend liefen wir, vorbei an Kakao- und Kardamompflanzen, zum Eingang einer nahen Höhle, wo jedem eine Kerze in die Hand gedrückt wurde (uns vieren dank unseres Guides auch noch ein Helm) und es schließlich zum „Caving“ losging. Etwas ähnliches hatte ich schon einmal gemacht, damals aber ausgerüstet mit dickem Neoprenanzug, Wasserschuhen und Kopftaschenlampen. Ganz anders in Guatemala, wo wir uns nun also barfuß und in Schwimmsachen ans „Erkunden“ der Höhle machten und jedes Mal, wenn wir uns beim Schwimmen irgendwo anstießen, mit unserer Kerze in der Hand fast absoffen:D Natürlich hatten unsere Guides richtige Taschenlampen, sodass wir uns nicht nur auf das schwache, flackernde Kerzenlicht verlassen mussten, was im Zusammenhang mit einer von Wasser durchflossenen Höhle vielleicht auch nicht so schlau gewesen wäre…:D Obwohl es ab einem gewissen Zeitpunkt super kalt wurde, war auch das ein sehr schönes Erlebnis. Als Adrenalin-Highlights konnte man noch auf einer Schaukel über den Fluss schwingen, um dann am höchsten Punkt ins Wasser abzuspringen und sich von der einzigen nahen Brücke in den Río Cahabón stürzen. Doch diese Brücke hat es in sich! Sie ist zwar so breit, dass auch Autos darüberfahren können, jedoch fehlen immer wieder Plankenteile, sodass für den Fußgänger gefährliche Lücken entstehen. Angeblich war die Brücke vor einiger Zeit sogar komplett gesperrt, da so viele Planken fehlten, dass es auch für Fahrzeuge zu  gefährlich wurde… Wir sind aber alle heil von unserem letzten gemeinsamen Ausflug wiedergekommen, bevor es für die anderen drei auch schon wieder zurück nach Deutschland ging.
Und auch für mich geht es übrigens bald nach Hause! Am 14. Mai werde ich dieses tolle Land wieder verlassen, das im letzten halben Jahr doch irgendwie ein Stück Vertrautheit geworden ist… Aber bis dahin bleiben mir momentan immer noch ca. 4 Wochen, die ich im Projekt verbringen werde, denn es gibt immer noch einige Dinge, die geschafft werden müssen…:)